Die Feierlichkeiten zur Sommersonnenwende, auch als Mittsommer bekannt, sind in Skandinavien und im Baltikum gleichbedeutend wie Weihnachten. Da, wo die Nächte dank der Mitternachtssonne im Sommer kaum dunkel werden, sind die Bräuche besonders lebendig. Das Mittsommer-Fest ist für viele Bewohner im Norden der Startschuss in den langersehnten Sommerurlaub, weshalb ausgiebig und ausgelassen gefeiert wird.

Sommersonnenwende und weiße Nächte

Zur Sommersonnenwende erreicht die Sonne zu Mittag die größte Höhe über dem Horizont. Dies geschieht auf der Nordhalbkugel jeweils am 20. / 21. oder 22. Juni. Dieser Tag markiert den längsten Tag und die kürzeste Nacht des Jahres. Nahe den Polarkreisen gibt es zur Sommersonnenwende einen Tag ohne Sonnenuntergang. Die Mitternachtssonne scheint die ganze Nacht hindurch, man spricht von den weißen Nächten ohne Dunkelheit. Ab dem Zeitpunkt der Sommersonnenwende werden die Tage jedoch wieder kürzer und ab Mitte August ist die Periode der Mitternachtssonne vorbei und man kriegt das Phänomen der Nordlichter wieder zu Gesicht.

Mittsommer vidar nordli mathisen

© Vidar Nordli Mathisen

 

Heidnischer Ursprung des Mittsommers

Die Mittsommer-Festlichkeiten haben ihren Ursprung im Heidentum. Die Sonne wurde seit jeher verehrt. Je grösser der Unterschied vom harten Winter zum warmen Sommer war, desto intensiver wurde die Sommersonnenwende gefeiert. Sonnenwendfeste hatten vor allem in den germanischen, nordischen, baltischen, slawischen und keltischen Religionen einen festen Platz. In Nordeuropa baten die Menschen in frühen Jahren die Götter um eine gute Ernte. Später wurde der Tag dem Heiligen des 24. Juni, „Johannes der Täufer“ gewidmet. Da die Sonnenwende und der Johannestag so nah beieinander liegen, sind sie im Laufe der Zeit zu einem Fest verschmolzen. Ihm zu Ehren wurden große Feuer, die Johannisfeuer, errichtet.
Im Norden Europas, wo im Sommer die Nächte gar nicht mehr dunkel werden, haben Sonnenwendfeiern – als Mittsommerfest bezeichnet – mehr Bedeutung als zum Beispiel in Südeuropa.

Midsommar: Mittsommer in Schweden

Mittsommer gehört in Schweden zu den wichtigsten Feiertagen neben dem Nationalfeiertag und Weihnachten. Die Schweden feiern größtenteils am Freitagabend, mancherorts dauern die Festlichkeiten bis am Samstag an. Viele Restaurants und Geschäfte bleiben an diesem Wochenende geschlossen.
Höhepunkt der Vorbereitungen ist das Schmücken des Maibaums mit Zweigen, Blumen, Girlanden und Fähnchen. Nach dem Mittagessen werden um den Maibaum herum Wettkämpfe und Froschhüpfen ausgetragen. Erwachsene werden ins Kindesalter zurückversetzt, denn ein bisschen albern sein gehört an diesem Tag zum guten Ton. Mädchen und Frauen tragen Blumenkränze im Haar.
Auch das Essen spielt eine große Rolle. Zu den traditionellen Speisen gehören Frühkartoffeln mit Dill, eingelegter Hering, Fleischbällchen und gebeizter Lachs. Zur Nachspeise werden frische Erdbeeren mit Schlagsahne oder Erdbeerkuchen gereicht. Zu Mittsommer fließt der Alkohol in Strömen. Beim Anstoßen mit Aquavit darf das Trinklied nie fehlen. Schätzungsweise mehr als 12‘000 Trinklieder kursieren in Schweden. Am Abend tanzen und singen die Schweden ausgelassen zu Live-Musik.

Midsommar Mikael Kristenson

Sankt Hans: Mittsommer in Norwegen

Mittsommer in Norwegen nennt sich Sankt Hans und wird ebenfalls am Vorabend des 24. Juni gefeiert. Bräuche waren in frühen Zeiten dazu da, Leben zu schützen oder die Fruchtbarkeit zu steigern. Heute stehen bei den Festlichkeiten der Norweger die Lagerfeuer im Mittelpunkt. So überrascht auch nicht, dass das größte Lagerfeuer der Welt in Norwegen errichtet wurde. Es war 47,39 Meter hoch und brannte 2016 an der norwegischen Westküste in der Stadt Ålesund. Wer ein Boot besitzt, schaut sich die Feuer entlang der Küste vom Wasser aus an.
Gemütliches Beisammensein mit Freunden und Familie zeichnet das norwegische Mittsommer-Fest aus. Schwarzer Filterkaffee und Bier gehören zu den beliebtesten Getränken. Gegrillte Würstchen mit Kartoffelsalat und Kartoffelfladen sind typische Mittsommer-Gerichte.
Anders als in Schweden, lauschen die Norweger gemeinsam gemütlich kleinen Konzerten, den Chören der Städte oder singen alte Volkslieder. Es geht ruhiger zu und her als in Schweden. Oft laden die Museen in Norwegen an Sankt Hans zu einem besonderen Programm ein, dessen Höhepunkt immer das Anzünden des Lagerfeuers ist.
In Norwegen ist Sankt Hans kein offizieller Feiertag, an dem die Geschäfte geschlossen bleiben.

Juhannus: Mittsommer in Finnland

Mittsommer Tina Sara Unsplash

In Finnland trägt der Mittsommer die finnische Bezeichnung „Juhannus“, was so viel wie „Heiliger Johannes“ bedeutet. Wie in Schweden, feiern auch die Finnen am Freitagabend.
Die Finnen errichten Lagerfeuer an den Seen, genießen ausgiebig die Sauna mit einem abkühlenden Bad im See und grillen Würste. Kartoffelsalat und eingelegte Heringe sind ebenso beliebt wie die traditionelle Erdbeertorte zur Nachspeise.
Dass die Finnen am Mittsommer-Fest viel Bier und Lonkero trinken, ist wohl kein Geheimnis. Überraschend dürfte eher sein, dass an diesem Tag viele Hochzeiten und Konfirmationen stattfinden.
Juhannus steckt denn auch voller Zauber und Magie. Hauseingänge werden mit jungen Birken geschmückt, um gute Geister einzuladen. 

Birkenquasten werden nach Gebrauch in der Sauna rückwärts durch die Beine durch auf das Dach der Sauna geworfen, um böse Geister fernzuhalten. Frauen sammeln sieben verschiedene Blumen und legen sie vor dem Schlafengehen unters Kopfkissen, um im Traum den zukünftigen Ehemann zu sehen. Dies sind nur einige der finnischen Mittsommer-Traditionen und Bräuche.
In Finnland bleiben am Juhannus-Wochenende die Geschäfte meist geschlossen.

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